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Montag, 1. April 2013

Der Tod, die Gnade

Am Donnerstag habe ich Frust und Depression geschoben. Schon in der Früh war ich froh, dass wir grausliges Wetter hatten. Sonne hätte ich jetzt stimmungsmäßig nicht vertragen.

Ich war von dem Erlebnis gestern und was es in mir ausgelöst hat noch ganz durcheinander. Ich konnte nicht fassen was da in mir abgeht.

Dann kommt wirklich eine traurige , aber auch wieder erleichternde Nachricht. Ich habe mich für einen Sachwalterklienten von mir sehr eingesetzt. Und am Donnerstag Nachmittag konnte er endlich sterben.

Der Mann war 81 Jahre alt und lag seit Jahren mit Parkinson im Pflegeheim. Er war nur mehr Haut und Knochen und wurde künstlich über ein Sonde ernährt. Er lag auch nur mehr im Bett und dämmerte vor sich hin. Fotos von ihm hingen an der Wand die ihn als lebenslustigen Mann zeigten. Kernig und fröhlich.
Das Heim hat mich vor einiger Zeit angerufen, weil sie es nicht mehr schafften, ihm beim Leiden zuzusehen. Das Pflegepersonal war am Ende mit ihren Kräften.
Die zuständige Ärztin weigerte sich, ihm Schmerzmittel zu geben. Er stöhnte und wand sich stundenlang! Die Astronautennahrung vertrug der Körper nicht mehr und er hat ständig Durchfall. Dann bekam er am Körper offene Stellen, die nicht mehr zuheilten.

Die Schwester rief mich immer wieder an und bat mich ob ich nicht für die Absetzung der Nahrung sorgen könnte. Nein, darf ich als Sachwalterin nicht.

ABER:
Ein Spezialist für die Sondenlegung, der auch gleichzeitig sehr kritisch ist, erklärte sich bereit zu dem Herrn zu fahren und ihn zu untersuchen!
Noch am selben Tag bekam ich ein Konzil, so heißt dieses Empfehlungsschreiben, dass ich sofort an die zuständig Ärztin und das Pflegeheim weitergeleitet habe. In medizinischer Sprache wurde eine Einstellung der Sondenernährung, also nur mehr Paliativpflege (Wasser), und um ihn die unerträglichen Schmerzen leichter erträglich zu machen wurde die Gabe von Morphium empfohlen.

Die Hausärztin weigerte sich zunächst. Dann bin ich persönlich zu ihr hinausgefahren und konnte sie doch davon überzeugen, dass es bei meinem Klienten egal ist ob er von Morphium abhängig wird, da er starke Schmerzen hat und eigentlich im Sterben begriffen ist.
Wenn die Frau sich weiter quergelegt hätte wäre ich mit dem Konzil zur Ärztekammer gegangen. Da hätte ich keine Ruhe mehr gegeben.

Und dann ist es schnell gegangen. Innerhalb von 2 Wochen konnte er endlich sterben. Wenigstens diese letzten beiden Wochen verbrachte er schmerzfrei und es war ihm vergönnt, dass er gehen durfte.

Ich finde es ist Feigheit, dass Menschen unter den schlimmsten Bedingungen, jahrelang künstlich am Leben erhalten werden. Keiner will die Verantwortung übernehmen Stop zu sagen. Es ist eine medizinische Entscheidung und es gibt wenig Ärzte, die sich für den Patienten interessieren und Verantwortung übernehmen. Weil den Ärzten ist es egal, wenn eine vor sich hinvegetiert. Das ist ein einfacher Patient, der liegt so und so nur im Bett und da hat man nicht viel Aufwand und verdient sehr gute Kohle durch die hohe Pflegestufe an ihm.
Und jeder hat ja schlieslich das Recht auf leben, auch wenn er nur mehr mit der Sonde ernährt wird und sonst eh schon im Koma liegt.
Und die Schmerzmitteln, von denen der arme 80jährige abhängig werden könnte geben sie ihm natürlich nicht, weil die kosten so viel Geld. Und spüren tut der doch eh nichts mehr. Das gequälte Stöhnen hört eh nur das Pflegepersonal, die Ärzte erscheinen doch nur zur Visite.

Ein zweites Mal wird mir sowas nicht passieren. Sollte ich wieder einen Klienten in so einem Zustand als Sachwalterin vertreten, werde ich von mir aus auf seine Medikamentengabe achten und dem Personal meine Unterstützung anbieten.




 

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