So, jetzt fühle ich mich wieder bereit zu schreiben. Gehen
tut es wie im letzten Eintrag auch, wieder um mich und den Jungen bzw. der
„geerbten“ Familie. Es hat sich in mir ja in letzter Zeit eine ziemliche
Verwirrung breitgemacht, was die Hilfsbedürftigkeit du die Not des Jungen und
die Intensität der Kontakte zu ihm anbelangte.
Für mich war die Frage ob ich dem Jungen helfen kann, in dem
ich Kontakt zu ihm halte. Ich fühlte mich ratlos und innerlich hin und her
gerissen, zwischen dem Gefühl als Ansprechperson für den Jungen hilfreich zu
sein (Danke Manuela!) und der klaren Distanz zu den Leuten.
Es ergab sich am Wochenende und einige Tage davor, dass ich
mit den beiden Alten insbesondere mit dem Halbbruder einige sachliche
Angelegenheiten zu besprechen und erledigen hatte. Diese persönlichen Kontakte
ermöglichten mir dann, in mich hineinzuhorchen, zu schauen wie es mir im Kontakt
geht, was ich meine wie es läuft mit den dreien,… und es brachte die Lösung
meines inneren Konfliktes.
Klar wurde wieder einmal, dass ich so wenig Kontakt wie
möglich bzw. so viel Kontakt wie notwendig zu dieser Familie haben möchte. Am
besten wäre gar keiner. Vielleicht ergibt sich das aus den Umständen auch einmal.
Möglichkeiten und Lösungen gibt es dafür durchaus.
Aber wieder zurück zum eigentlichen Thema. Ich bin immer
wieder von der Randständigkeit und der damit einhergehenden Verwahrlosung dieser
Menschen erschüttert. Und ich kenne weiß der Himmel viel. Was mich am Wochenende
sehr erschüttert hat, waren die vielen Lügen der beiden. Sie bauen sich eine
Realität auf, die nichts mit dem zu tun hat, wie sie leben.
Ein Beispiel war, dass der Junge letztes Jahr mit der
Heimgruppe für eine Woche in Niederösterreich(fiktiv) auf Urlaub war und dieses
Mal fahren sie für eine Woche nach Tirol(fiktiv). Die beiden Alten erzählten mir
am Wochenende, wie sehr die Urlaubswoche dem Jungen Spaß machen wird, den dort
gehen sie schwimmen und Radfahren und machen Bootsausflüge. Ich habe den beiden
interessiert zugehört und die Urlaubswoche toll gefunden, obwohl ich wusste,
dass das die Urlaubsbeschreibung vom letzten Jahr war. Dieses Jahr verbringt der
Junge mit der Gruppe eine Woche als Selbstversorgen auf einer Alm. Die Milch
holen sie sich beim Bauern, das Brot auch. Wandern in den Bergen steht am
Programm.
Der Punkt ist der, dass sich die Alten nicht für den Jungen
interessieren. Interessiere ich mich für ihn, werden sie eifersüchtig auf den
Jungen! Sie beginnen dann, ihn sofort abzuwerten und meine Aufmerksamkeit auf
sich zu ziehen. Dazu ist aber festzuhalten, dass ich austauschbar bin.
Der Bruder ist bedürftig wie ein Säugling und möchte Macht
und Wichtigkeit haben. Steht der Kühlschrank neben ihm,
ruft er am Handy seine Frau an, die dann sofort in den Raum kommt, das Bier aus
dem Kühlschrank holt und ihm vorstellt. Und er
ist ein typischer Stammtischbruder der sich mordsmäßig wichtigmacht und immer
kundtut, wem er gerade in den Arsch tritt. Die Argumente sind dumm und
großkotzig. Seine Freunde, die er dabei ins Rennen führt, sind Richter,
Geschäftsleute, … lauter höher gestellte Menschen
also.
Und so gewinnt er für sich an Macht und
Einfluss, wenn er sich in der fiktiven Auseinandersetzung mit den „Mächtigen“
befindet.
In Wahrheit sind die Freunde und Freundinnen der beiden,
selbst verwahrlost und asozial.
Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es nichts nützt ihn
und sie mit ihren Lügen zu konfrontieren. Diese Menschen wollen und können nicht
von diesen Lügengebäuden Abstand nehmen. Die Realität ist zu beschämend für sie.
Was die Nähe und den Kontakt zum Jungen angeht, ist es für
mich so, dass ich KEINEN nahen Kontakt zu ihm will. Die Lebensführung der
Familie ist in keiner Weise meine.
Der Junge ist
bedürftig, was die Nähe und Liebe anbelangt. Der Vater lehnt ihn offen ab,
weswegen er sich an die Mutter halten muss, damit er psychisch nicht ganz den
Boden unter den Füßen verliert. Die Lieblosigkeit und das Ausgesetzt sein würden
ihn zerstören. Also hält er an dieser Familie NOCH fest.
Meinen Part sehe ich darin, dass ich ihm bei Bedarf, ohne
moralisierend zu sein, auch andere Möglichkeiten eröffne. Ich kann ihm
vorsichtig sagen, dass ich ihn verstehe und dass ich weiß, was er meint. Der
Kontakt muss dafür nicht oft sein, auch wenige Begegnungen können einen Menschen
helfen. Ich habe auch den Eindruck, dass er meine Grenzen wahrnehmen und
annehmen kann.
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